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Werkstattrisiko – nicht bezahlte Reparaturkostenrechnung taugliches Indiz für erforderlichen Herstellungsaufwand

Urteil Amtsgericht Pirmasens, Aktenzeichen 4 C 274/22 vom 30.06.2023

Hintergrund

Der Kläger ist Eigentümer eines Opel Corsa, der bei dem Verkehrsunfall vom 18.07.2022beschädigt wurde. Die Haftung ist unstreitig, der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers hat die Eintrittspflicht dem Grunde nach zu 100% anerkannt.

Streitig sind Reparaturkosten, auf die der Haftpflichtversicherer nur teilweise reguliert hat.

Der Kläger hat die Reparaturwerkstatt beauftragt, entsprechend den Vorgaben eines von ihm eingeholten Haftpflichtschadengutachtens den Unfallschaden instand zu setzen.

Auf die Reparaturkosten in Höhe von 8.451,31 € hat der Haftpflichtversicherer nur 5.662,91 € gezahlt. Den Differenzbetrag hat der Kläger gerichtlich geltend gemacht.

Der Haftpflichtversicherer hat unter Berufung eines von ihm eingeholten Gutachtens den nicht regulierten Differenzbetrag mit Abzügen rechtfertigt. Unter anderem hat er die Notwendigkeit der Erneuerung von Fahrwerksteilen mangels Vermessungsprotokoll wie Achsträger hinten, Traverse, Stoßdämpfer, Radlager, Rad-/ Achswelle, Bremsanlage entlüften, Dichtigkeitsprüfung Bremsanlage, Einstellarbeiten an der Achse und pauschalen Abzug Kleinteile aufgezeigt.

Der Kläger hat die Einwendungen zurückgewiesen mit dem Argument, dass er die Reparaturwerkstatt unter Vorlage des Haftpflichtschadengutachtens mit der Reparatur beauftragt hatte und somit das Werkstattrisiko zu Lasten des Haftpflichtversicherers streitet. Unter anderem hat der Kläger auf das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 22.10.2021, Aktenzeichen 13 S 69/21 hingewiesen, wonach nicht nur eine bezahlte Reparaturkostenrechnung ein taugliches Indiz für den erforderlichen Herstellungsaufwand sein, sondern auch der vom Geschädigten auf Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens erteilte Auftrag und der damit korrespondierenden Rechnung, sodass auch in diesen Fällen der Schädiger das Werkstattrisiko zu tragen hat.

 

Aussage

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung der Klage mit Urteil vom 30.06.2023 statt gegeben.

Das Amtsgericht hat sich der Auffassung des Landgerichts Saarbrücken, Urteil vom 22.10.2021, Aktenzeichen 13 S 69/21 angeschlossen und bestätigt, dass nicht nur eine bezahlte Reparaturkostenrechnung ein taugliches Indiz für den erforderlichen Herstellungsaufwand sein kann. Vielmehr ist auch der vom Geschädigten auf Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens erteilte Auftrag und der damit korrespondierenden Rechnung ausreichend, um das Werkstattrisiko dem Schädiger aufzubürden.

 

Fazit

Es lohnt, den Geschädigten notfalls durch Klageerhebung zu unterstützen! Dem Versuch der Haftpflichtversicherer, das Werkstattrisiko dem Geschädigten aufzubürden, muss ein Riegel vorgeschoben werden. Das Amtsgericht Pirmasens hat diesbezüglich dem Bemühen des Haftpflichtversicherers eine klare Absage erteilt und aufgezeigt, dass der Schädiger / Haftpflichtversicherer das Werkstattrisiko trägt, wenn der Geschädigte ein Haftpflichtschadengutachten einholt und die Werkstatt entsprechend mit der Reparatur beauftragt.

 

Mitgeteilt von
Klaus Leinenweber
Fachanwalt für Verkehrsrecht in Pirmasens
Pirmasens, den 29.06.2023 L/Sla