Leinenweber_Rechtsanwaelte_Strafrecht_Rechtsgebiet_Pirmasens_Kaiserslautern_Landau_blog_neuigkeiten_einkaufswagen

Verletzung der Aufsichtspflicht

Verletzung der Aufsichtspflicht
Haftung des Aufsichtspflichtigen beim Führen eines Einkaufswagens durch 5-jährige Tochter auf Parkplatz des Einkaufsmarktes
Urteil Amtsgericht Neunkirchen / Saar, Aktenzeichen 4 C 33/22 (02) vom 26.05.2023

Hintergrund
Das Fahrzeug der Klägerin war auf dem Einkaufsmarkt in Wellesweiler / Saarland unmittelbar neben der Box zum Abstellen der Einkaufswagen geparkt.
Die 5-jährige Tochter des Beklagten streifte das klägerische Fahrzeug beim Zurückbringen des Einkaufswagens, wodurch Schaden (Reparatur-/ Sachverständigenkosten und Unkostenpauschale) in Höhe von 2.683,14 € verursacht wurde.
Die aufsichtspflichtigen Eltern hatten in Abstimmung mit dem Haftpflichtversicherer die Schadenersatzansprüche zurückgewiesen mit der Begründung, die 5-jährige Tochter habe auch schon zuvor den Einkaufswagen eigenständig zurückgebracht, es sei zum streitgegenständlichen Zeitpunkt wenig Betrieb und der Weg für das Kind frei gewesen. Das Kind sei auch hingewiesen worden, beim Umgang mit Einkaufswagen vorsichtig zu sein. Lediglich aufgrund einer Unaufmerksamkeit sei der Einkaufswagen gegen das klägerische Fahrzeug geschrammt, die Aufsichtspflicht sei nicht verletzt.

Aussage
Das Amtsgericht Neunkirchen hat den Anspruch der Klägerin auf Schadenersatz mit der Begründung stattgegeben, dass die erst 5-jährige Tochter aufsichtsbedürftig gewesen sei. Nach umfangreicher Beweisaufnahme sei die Schadenverursachung durch den Einkaufswagen und die Schadenhöhe nachgewiesen.
Den aufsichtspflichtigen Eltern sei es nicht gelungen, sich hinsichtlich der Verletzung der Aufsichtspflicht zu entlasten.
Der Entlastungsbeweis könne in zweifacher Hinsicht geführt werden, einerseits dahin, dass der Aufsichtspflicht genügt worden ist, andererseits dass der Schaden auch bei gehöriger Erfüllung der Aufsichtspflicht entstanden wäre.
Das Amtsgericht geht aufgrund der konkreten Situation von einer Aufsichtspflichtverletzung aus. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es vorliegend um den Umgang mit einem nicht alltäglichen Gegenstand geht, dessen Handhabung nicht Gegenstand der eigentlichen Erziehung ist, wie z.B. Fahrrad fahren. Es handele sich nicht um einen Kinder-Einkaufswagen, sondern um einen normalen Einkaufswagen, der zumindest eine Höhe von 1m aufweist und von daher bereits aufgrund der Größe für das Kind nicht beherrschbar sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass ein nicht beladener Einkaufswagen teilweise schwierig zu händeln ist und auch teilweise unerwartete Bewegungen ausführt. Schließlich finden sich auf dem Parkplatz Fahrzeuge, sodass eine Beschädigung durch Einkaufswagen ohne weiteres in Betracht kommt. Der Aufsichtspflichtige hätte sich in unmittelbarer Entfernung aufhalten müssen, sodass ein jederzeitiger Zugriff möglich gewesen wäre. 

Praxis
Sehr häufig werden von den Haftpflichtversicherern die Ansprüche der Geschädigten resultierend aus Schadenverursachung durch Minderjährige zurückgewiesen mit der Begründung, die Aufsichtspflicht sei nicht verletzt.
Vorliegend hat das Amtsgericht Neunkirchen diesbezüglich klar Kante bezogen, dies zu Recht!
Es kann nicht angehen, dass Minderjährige mit Einkaufswagen, Fahrrad, Skateboard, Rollschuhen, Roller hohe Schäden verursachen und die Geschädigten auf den Kosten sitzen bleiben!
Wie die vorliegende Entscheidung zeigt, lohnt sich der Versuch der Geschädigten, Ansprüche gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen!

Mitgeteilt von
Klaus Leinenweber
Fachanwalt für Verkehrsrecht Pirmasens
Pirmasens, den 15.06.2023 L/sla