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Trunkenheitsfahrt / Nachtrunk

Häufig haben sich Gerichte mit der Einwendung des im Zusammenhang mit einer Trunkenheitsfahrt betroffenen Verkehrsteilnehmer zu beschäftigen, wonach ein Nachtrunk behauptet wird, d.h. es sei erst nach der Fahrt Alkohol konsumiert worden.

Mit dieser Frage hatte sich das Landgericht Oldenburg, Beschluss vom 24.05.2022, Aktenzeichen 4 Qs 155/22 beschäftigt. Der Beschuldigte hatte einen größeren Schaden verursacht und sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, Tatzeit 02.04.2022, 23:00 Uhr.

Gegen 01:30 Uhr nachts hat die Polizei den Beschuldigten zu Hause angetroffen. Das Fahrzeug war beschädigt. Die Polizeibeamten haben eine Blutalkoholuntersuchung angeordnet. Es wurde eine BAK von 1,52 Promille ermittelt.

 

Die Fahrerlaubnis wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vorläufig entzogen. Auf die Beschwerde des Beschuldigten hat das Landgericht den Beschluss aufgehoben mit der Begründung, dass der Beschuldigte gegenüber der Polizei geäußert habe, er habe zwei Glas Sekt getrunken vor der Schadenverursachung. Er habe keinen Schaden wahrgenommen, sei dann nach Hause gefahren und habe dort ab 23:15 Uhr ca. 0,8 Liter Weißwein getrunken.

 

Nach Aussage des Gerichts kann dieser vom Beschuldigten behauptete Nachtrunk nicht als Schutzbehauptung widerlegt werden. 

Das Gericht hat Kriterien aufgezeigt, wonach eine Nachtrunkbehauptung durch eine Doppelblutentnahme nur sicher widerlegt werden
könne, wenn folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

 

1. Die Nachtrunkmenge muss groß und in kurzer Trinkzeit konsumiert worden sein.

2. Die erste Blutentnahme muss spätestens 45 Minuten nach Nachtrunkende erfolgt sein.

3. Zwischen dem ersten und zweiten Blutprobenmittelwert muss der Unterschied bei mindestens 5% liegen.

4. Das Konzentrationsniveau der Blutalkoholmittelwerte darf zum Zeitpunkt der Blutentnahme bei Entnahmezeitintervallen vom 30 Minuten nicht wesentlich über 1,5 Promille liegen.

 

Im vorliegenden Fall waren diese Voraussetzungen nicht erfüllt.

Das Trinkende war gegen Mitternacht, die erste Blutentnahme jedoch erst um 02:02 Uhr, es lagen mehr als 45 Minuten dazwischen.

 

Zudem war im vorliegenden Falle durch Gutachten nachgewiesen, dass die Blutalkoholkonzentration zwischen 01:33 Uhr und 02:02 Uhr angestiegen und bis 02:32 Uhr dann wieder gesunken war. Damit liege nahe – so das Landgericht – dass der Beschuldigte tatsächlich zwischen 23:33 Uhr und 00:02 Uhr Alkohol getrunken habe, sowie er auch behauptete.

 

Allerdings muss im Weiteren noch Begleitstoff eingeholt werden. Der Beschuldigte hat nur einen vorläufigen Sieg erzielt, eine abschließende Entscheidung bleibt abzuwarten. Auch droht dem Beschuldigten eine Sanktion durch die Führerscheinstelle, weil aufgrund des nachgewiesenen BAK-Wertes eine medizinisch-psychologische Untersuchung angeordnet werden kann.

 

Mitgeteilt von
Rechtsanwalt Klaus Leinenweber

Pirmasens, den 11.08.2022 L/sla