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Arglistige Täuschung

LG Zweibrücken, Urteil vom 04.04.2022, Az. 2 O 33/21

Hintergrund:
Die Parteien sind Verbraucher und schlossen am 31.05.2019 einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Mazda CX-7 zu einem Kaufpreis von 7.000,00 EUR. Es war ein rechtswirksamer Gewährleistungsausschluss vereinbart.

Der Kläger hatte vor Vertragsabschluss eine Probefahrt unternommen. Nach Rückkehr fiel auf, dass Flüssigkeit aus dem Motorraum tropfte. Der Verkäufer öffnete die Motorhaube und erklärte, es sei wohl vor der Probefahrt Kühlwasser nachgefüllt und vergessen worden, den Deckel ordnungsgemäß zuzudrehen. Tatsächlich war auch der Deckel des Kühlwassereinfüllstutzens locker, von dort trat Kühlwasser aus. Es kam dann zum Vertragsabschluss. Bereits im Zuge der Abholung des Fahrzeuges musste der Kläger eine drastische Verringerung der Leistung feststellen, es war nur noch eine Geschwindigkeit von 25 km/h möglich, gleichzeitig war die Anzeige für die Motortemperatur sprunghaft nach oben geschnellt. Das Fahrzeug hatte einen kapitalen Motorschaden erlitten. Die Instandsetzung verursacht kaufpreisübersteigende Kosten.

Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten Rücktritt vom Kaufvertrag und Anfechtung wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Der Klage war ein selbständiges Beweisverfahren vorausgegangen. Der dort beauftragte Sachverständige stellte einen erheblichen, bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses vorhandenen Motorschaden fest. Nach Auffassung des Klägers habe der Beklagte Kenntnis von dem Motorschaden gehabt oder Kenntnis haben müssen.

Aussage:
Die Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Zweibrücken hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, der Kaufvertrag sei wirksam zustandegekommen. Dieser sei weder ex Tunc durch Anfechtung gemäß §§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB erloschen noch aufgrund des durch den Kläger erklärten Rücktritt rückabzuwickeln, da die Gewährleistungsrechte des Klägers wirksam vertraglich ausgeschlossen wurden. Eine wirksame Anfechtung des Kaufvertrages liege mangels nachgewiesenen Anfechtungsgrundes nicht vor. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stehe ein arglistiges Verschweigen hinsichtlich des Sachmangels bei Gefahrübergang nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Diesbezüglich wörtlich:

„Zu den Erkenntnisquellen der Beweiswürdigung gehören nicht nur die Aussagen von Zeugen oder förmliche Parteivernehmungen, sondern auch der Inhalt aller Schriftsätze und Anlagen sowie eine informatorische Parteienanhörung“

Gemessen hieran war das Gericht nicht überzeugt, dass der Beklagte arglistig gehandelt hat. Arglistig handelt bei einer Täuschung durch Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels, wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragsgegner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte (BGH, NJW 2018, 389, Rn. 11). Erforderlich ist also zumindest bedingter Vorsatz hinsichtlich des Mangels, grobe oder gar einfache Fahrlässigkeit ist ebenso wenig ausreichend wie, dass sich dem Verkäufer die mangelbegründenden Umstände hätten aufdrängen müssen (BeckOGK/Stöber, 01.08.2018, BGB § 444, Rn. 45, mit zahlreichen Nachweisen; MüKoBGB/Armbrüster, 9. Auflage 2021, BGB § 123, Rn. 18).

Dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs einen Motorschaden aufgewiesen hat, war unstreitig. Der Mangel lag in einem großen Schaden an der Zylinderkopfdichtung sowie durchgehenden Rissschäden im Zylinderkopf, wodurch Verbrennungsgase mit hohem Druck in den Kühlkreislauff gedrückt werden. Durch das im Deckel des Kühlflüssigkeitsausgleichsbehälters verbaute Überdruchventil gelangt Kühlwasser nach außen hin ins Freie. Deshalb musste der Kühlwasserverlust durch Einfüllen von Kühlwasser in das Kühlsystem ausgeglichen werden.

Dafür, dass der Verkäufer den Mangel bei Vertragsabschluss kannte, ist der Käufer beweisfällig geblieben. Auch die Kenntnis des Verkäufers von dem Kühlwasserverlust lasse nicht auf eine Kenntnis des festgestellten Motorschadens schließen. Der Sachverständige hatte überzeugend ausgeführt, dass für den Verkäufer die Ursache des festgestellten Schadenbildes und der sich daran anschließenden Schadensverlauf vor Übergabe des Fahrzeugs als Defekt bzw. Schaden nicht erkennbar war.

Nach Auffassung des Landgerichts liegt auch kein Verdachtmangel vor. Es sei nicht bewiesen, dass der Verkäufer bei Vertragsabschluss einen solchen Verdacht hegte. Zwar habe der Sachverständige ausgeführt, ein Kühlwasserverlust deute auf Probleme am Motor hin, was dem Verkäufer aus seiner Sicht hätte bekannt sein müssen. Das Gericht war jedoch nicht davon überzeugt, dass der Verkäufer die potenzielle Bedeutung des Kühlwasserverlustes auch nur in Erwägung gezogen hat. Vielmehr schien es der Kammer glaubhaft, dass er diesen Umstand bei dem bereits 13 Jahre alten Fahrzeug für Verschleiß gehalten hatte.

Auch eine Garantie im Sinne des § 444 Alt. 2 BGB habe der Verkäufer nicht übernommen. Die diesbezügliche Erklärung im schriftlichen Kaufvertrag

„Das Fahrzeug hat keine sonstigen Beschädigungen“

sei nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht dahingehend auszulegen, dass der Verkäufer damit die Zusicherung jeglicher Schadensfreiheit sowohl im optischen als auch im technischen Sinne erklären oder eine allgemeine Beschaffenheitsgarantie übernehmen wollte, dies ergebe sich bereits aus dem im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsausschluss. Es handele sich deshalb bei den Ausführungen im Kaufvertrag um Wissenserklärungen, eine damit verbundene positive Zusicherung sei im Ergebnis ohne rechtliche Relevanz, eine Zusicherung etwa dahingehend, dass es sich hierbei um die einzige weitere Beschädigung handele, sei damit nicht verbunden.

Praxis:
Das Urteils des LG Zweibrücken stärkt in der Praxis die Rechte des Verkäufers, der einen rechtswirksamen Gewährleistungsausschluss vereinbart hat. Der Käufer muss die Arglist und das Wissen des Verkäufers um die Kausalität beweisen.

mitgeteilt von
Klaus Leinenweber

Fachanwalt für Verkehrsrecht
in Pirmasens