Leinenweber_Rechtsanwaelte_Strafrecht_Rechtsgebiet_Pirmasens_Kaiserslautern_Landau_blog_neuigkeiten_gericht

Aktuelle Entscheidung des Landgerichts Landau in der Pfalz

Werte Mitstreiter,

 

ich darf Sie auf die aktuelle Entscheidung des Landgerichts Landau in der Pfalz, Aktenzeichen 4 O 97/23, vom 02.11.2023 hinweisen. Dabei ging das Gericht der Frage nach, ob der Käufer / Verbraucher die Lieferung des Neuwagens Zug um Zug gegen Kaufpreiszahlung verlangen kann, wenn eine Bestellung vom Verkäufer nicht unterzeichnet war, der Vertragstext ein Schriftformerfordernis ausweist nach AGB, der Kaufvertrag erst abgeschlossen ist, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung innerhalb genannter Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt.

 

  1. Sachverhalt

 

  1. Der Kläger hat am 22.11.2021 ein vom Mitarbeiter des Autohauses ausgefülltes Formular über die „verbindliche Bestellung eines Kraftfahrzeuges“ zum Kaufpreis von 50.885,00 € unterzeichnet.

 

Auf dem Formular findet sich der Hinweis, dass alle Vereinbarungen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Schriftform bedürfen. Die Neuwagen-Verkaufsbedingungen geben vor, dass der Verkäufer verpflichtet ist, den Besteller unverzüglich zu unterrichten wenn er die Bestellung nicht annimmt, der Kaufvertrag jedoch erst abgeschlossen ist, wenn der Verkäufer die Annahme der Bestellung innerhalb der jeweils genannten Fristen schriftlich bestätigt oder die Lieferung ausführt.

 

Weiter sehen die Geschäftsbedingungen vor, dass der Käufer 6 Wochen nach Überschreitung eines unverbindlichen Liefertermins den Verkäufer zur Lieferung auffordern kann. Mit dem Zugang der Aufforderung kommt der Verkäufer in Verzug.

 

Die beklagte Vertragshändlerin unterzeichnete das Bestellformular nicht. Sie stellte auch keine Bestellbestätigung aus und informierte den Kläger nicht, dass sie die Bestellung nicht annahm.

 

  1. Im Zuge des Abschlusses des Vertrages kam es zu einer Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach die zwei Fahrzeuge des Klägers für den Neuwagen von der Beklagten in Zahlung genommen werden. Die Beklagte hatte die Fahrzeuge mit gesonderten Vertragsformularen angekauft. Auch waren unstreitig Gespräche über BaFin Prämie und damit zusammenhängende Fristen geführt worden. Der Verkäufer des Fahrzeughändlers stellte eine Lieferfrist von 5 bis 6 Monaten in Aussicht.

 

  1. In der Folgezeit hat der Kläger mehrfach gemahnt und die Voraussetzungen des Verzuges dadurch geschaffen. Zuletzt erklärte die Beklagte, dass kein Kaufvertrag zustande gekommen sei.

 

  1. Der Kläger hat Klage auf Lieferung des Fahrzeuges Zug um Zug gegen Zahlung des Kaufpreises erhoben.

 

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

 

  1. Gründe

 

  1. Nach der Feststellung des Landgerichts hat die Verkäuferin von der in den Geschäftsbedingungen vorgesehenen rechtlichen Handhabung abgesehen. So hat sie die Annahme der Bestellung nicht innerhalb der Frist bestätigt und auch nicht Hinweis erteilt, dass sie die Bestellung nicht annehme.

 

Sie habe zwar das schriftliche Angebot des Käufers nicht zugleich an Ort und Stelle bekommen, allerdings durch Annahme der Ankaufverträge unmissverständlich die Annahme des Angebots auch in Bezug den Neuwagenkauf schlüssig erklärt, § 276 ZPO.

 

So habe der Umstand, dass die Beklagte nicht unverzüglich nach Eingang der Bestellung zum Ausdruck gebracht hat, dass sie das Angebot des Käufers nicht annehme, nicht zu einem Vertragsschluss geführt (OLG Stuttgart Urteil vom 16.02.2011 – 3 O 136/10 – , Juris Rn 32 – 33).

 

Auch konnte der Käufer das Verhalten des Verkaufsberaters nicht als Annahme seiner Bestellung verstehen, weil der Vertrag nicht unterschrieben und die Annahme nicht bestätigt war.

 

  1. Eine konkludente Annahme des Neuwagenkaufvertrages sei allerdings dadurch zustande gekommen, dass die Beklagte die 2 Gebrauchtwagen des Klägers für den Neuwagen in Zahlung genommen hat (Bachmeier, Rechtshandbuch, Autokauf 2. Auflage 2013, RN 209; Ranking – Egert der Autokauf, 13 Auflage 2017, RN 26). Der Kaufvertrag über ein Neufahrzeug mit der gleichseitigen Vereinbarung über die Inzahlungnahme eines Altfahrzeuges bilde hiernach nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine rechtliche Einheit (BGH, Urteil vom 20.02.2008 – VIIIZR 334/06; BGH Z 175, 286-296- Juris Rn 12).

 

Zwar fehle es anders als in dem vom BGH entschiedenen Fällen gerade an einer Kaufvertragsurkunde bezüglich des Neuwagens und eine Inzahlungnahme-Vereinbarung wurde nicht schriftlich fixiert, allerdings hatte die Beklagte nicht dargetan, dass sie die Gebrauchtwagen des Klägers ohnehin aufgrund deren Attraktivität angekauft hätte, weshalb nicht von unabhängigen Verträgen ausgegangen werden könne. (Ott in Buschbell / Höke, Verkehrsrecht, 5. Auflage 2020, § 40 Rn 98).

 

Spätestens mit der Übernahme der Gebrauchtwagen habe die Beklagte zugleich konkludent erklärt, dass sie das Angebot des Käufers bezüglich des Neuwagen-Kaufvertrages angenommen hat.

 

Weiter hat die Einzelrichterin Verzug der Beklagten bestätigt. Bestritten habe der Käufer mit einer Lieferung des Fahrzeuges in 5 bis 6 Monaten rechnen können.

 

Nach IV. Ziff. 2 NWVB könne der Käufer den Verkäufer 6 Wochen nach Ablauf des unverbindlichen Liefertermins auffordern zu leisten. Mit dem Zugang der Aufforderung kommt der Verkäufer in Verzug. Unbestritten hat der Käufer danach entsprechend abgemahnt und zur Leistung aufgefordert. Der Eintritt des Verzuges sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Nichtlieferung auf die Untätigkeit des Herstellers zurückzuführen sei.

 

Ziff. IV. Nr. 6 NWVB ist unwirksam, die Klausel widerspreche aufgrund der Intransparenz über das unberührt bleibende gesetzliche Rücktrittsrecht des Käufers der Vorschrift des § 307 BGB (BGH, Urteil vom 27.09.2000 – VIII. ZR 155/99, NJW 2001, 292 F). Dies gelte selbst dann, wenn es sich um eine für den Kfz-Händler unvermeidbare Betriebsstörung beim Lieferanten handle, die Klausel sei unwirksam.  Dass der Beklagten die Lieferung grundsätzlich unmöglich war, da sich auf dem Markt kein vergleichbares Neufahrzeug befand, hatte die Beklagte nicht geltend gemacht.

 

III. Praxis

 

Die Entscheidungsgründe stellen eine gute Argumentationsgrundlage für den Fahrzeugkäufer im Falle des Verzuges dar. Allerdings wird auch der Verkäufer gestärkt durch die Hinweise in dem Urteil auf die vertraglichen Schriftformerfordernisse und die rechtswirksamen Geschäftsbedingungen betreffend die erforderliche schriftliche Bestätigung der Annahme der Bestellung; auch der Umstand, dass die Beklagte nicht unverzüglich nach Eingang der Bestellung mitgeteilt hat, dass sie das Angebot nicht annimmt, hat nicht zu einem Vertragsabschluss geführt, denn das Schweigen auf ein Angebot zeitigt regelmäßig gerade keine Rechtswirkungen.

 

Mitgeteilt von Klaus Leinenweber

Fachanwalt für Verkehrsrecht